Die Gräueltaten der Sieger gegen die Deutschen Völker – 1945

 

Die Gräueltaten der Sieger
gegen die Deutschen Völker – 1945
Film: Quelle BBC

12 Millionen Opfer

Candace Owens:

„Die Amerikaner wissen nichts über die wahre Geschichte. Wussten Sie, dass 12 Millionen Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg ethnisch gesäubert wurden? Wussten Sie, daß eine
halbe Million von ihnen ermordet wurden, weil sie Deutsch sprachen? Dass Kinder in einer Reihe aufgestellt und erschossen wurden?
„Weit über zwei Millionen Frauen und Kinder wurden am Ende des Krieges vergewaltigt. Viele von ihnen starben oder begingen Selbstmord.“
In der Tschechoslowakei stellte man deutsche Zivilisten (viele von ihnen lebten dort seit Jahrhunderten) in einer Reihe auf und überfuhr sie mit Lastwagen. Man zwang sie, ihre eigenen Gräber auszuheben. Nicht alle von ihnen waren Deutsche. Manche von ihnen sprachen einfach nur Deutsch.
12 Millionen deutsche Zivilisten wurden aus Osteuropa vertrieben“.

 

 

Gesetzlose Zeit – “Manche mordeten aus Langeweile”: Historiker über Gräueltaten der Tschechen nach 1945

10. Mai 1945: Roudnice (Raudnitz an der Elbe) Sechs junge Männer, vermutlich Deutsche, werden auf dem Hauptplatz aufgehängt. Familien mit Kindern spazieren an den Leichen vorbei.
10. Mai 1945: Roudnice (Raudnitz an der Elbe): Sechs junge Männer, vermutlich Deutsche, werden auf dem Hauptplatz aufgehängt. Familien mit Kindern spazieren an den Leichen vorbei. GGeschichte
Die Vertreibung der Sudetendeutschen wurde in Tschechien lange verharmlost.
Der Prager Historiker Jiří Padevět berichtet im Interview mit G/GESCHICHTE von Massakern an Deutschen – und einem neuen Blick auf die eigene Geschichte.

Herr Padevět, zwei Ihrer Bücher sind gerade ins Deutsche übersetzt worden. Im ersten widmen Sie sich den Gräueltaten der Nazis in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, im zweiten dann den Gräueltaten der Tschechen an den verbliebenen Deutschen nach dem Kriegsende…

Jiří Padevět: …und eigentlich sollte das alles ein einziges Buch werden. Ich wollte ganz am Anfang einen Reiseführer schreiben, der von 1938 bis 1953 führt, vom “Anschluss des Sudetenlands” bis zu den kommunistischen Schauprozessen. Aber es war einfach zu viel Material, also habe ich es auf mehrere Bücher verteilt. Und wissen Sie, was das Interessante daran ist?

Sagen Sie es uns!

Padevět: Wer beide Bücher liest, stellt fest, dass Gewalt keine nationalen Merkmale verträgt – dass es nur eine Gewalt gibt. Böse Menschen begehen Gewalttaten, gute Menschen versuchen, sich dem entgegenzustellen. Das ist völlig unabhängig von der Nationalität.

Sie schreiben in Ihrem Buch: “Die Menschen lebten in einer Phase, in der Gewalt immer noch die Norm war.” Wie kann man sich den damaligen Alltag vorstellen?

Padevět: Die Menschen mussten unter ganz anderen Bedingungen handeln als wir sie heute kennen. Es war eine Phase, in der kein Recht galt, sondern Gewalt und Waffen herrschten. Die Leute handelten nicht nach dem Gesetz oder geleitet von ihrem Mitgefühl, sondern einfach nach ihrem Instinkt. Das galt ganz besonders im tschechoslowakischen Grenzgebiet, wo Deutsche und Tschechen auf engem Raum zusammenlebten.

Sie müssen sich vor Augen halten, dass damals alles zusammengebrochen war: Züge fuhren nicht, Straßen waren kaputtgebombt, Medikamente gab es nicht, das Essen reichte nicht. Die Situation war verheerend. Übrigens hatte das, was kurz vor dem Ende der Naziherrschaft passierte, und das, was danach in der wiederauflebenden tschechoslowakischen Republik geschah, viele Gemeinsamkeiten.

Nämlich?

Padevět: Für mich ist die traurige Erkenntnis: Wenn der Staat keine Macht ausübt, können viele Leute dieser Gelegenheit nicht widerstehen und begehen Verbrechen. In dieser Zeit gab es so viele dieser Verbrechen, dass sie ganz normal wurden. Für jeden Einzelnen war diese unübersichtliche Zeit hochgefährlich.

Woran lag es, ob jemand diese Zeit überlebte?

Padevět: Es überlebte derjenige, der Glück hatte. Punkt. Es war eine Zeit, in der menschliches Leben keinen Wert hatte. Jemand konnte erschossen werden, weil einem anderen seine Armbanduhr gefiel. Oder seine Frau. Manche mordeten auch einfach aus Langeweile.

Wie bitte?

Padevět: Es gibt da diesen Fall aus der Stadt Roudnice, der fotografisch sehr gut dokumentiert ist. Auf dem Hauptplatz dort sind im Mai 1945 ein paar vermutlich deutsche Jugendliche aus dem Ort aufgehängt worden, die Bäume stehen heute noch. Die Leichen sind mit SS-Aufschriften und vulgären Parolen übersät. Und auf diesen Fotos sieht man ganz normale Familien mit kleinen Kindern, wie sie über den Platz spazieren gehen und sich das in Ruhe anschauen.

War das Maß an Gewalt je nach Region unterschiedlich?

Padevět: Im tschechischen Binnenland war die Situation deutlich besser als in den gemischten Gebieten, wo neben Tschechen oder Slowaken auch noch Deutsche, Ungarn oder Kroaten lebten. Ein Großteil der blutigen Massaker an Deutschen wie etwa in Postoloprty oder Lanškroun wurde von Militäreinheiten begangen, die zu dieser Zeit schon unter das militärische Oberkommando fielen.

Das heißt, es sind keine Akte von lokaler Gewalt, die durch ein paar Männer verübt worden wären, die sich abends in der Kneipe besaufen und dann die Flinten holen. Nein, es sind militärische Operationen, zu denen jemand den Befehl gegeben haben muss. In dieser Zeit geschah das mündlich oder telefonisch. Lassen Sie uns doch für einen Moment einmal genauer auf die Akteure der Gewalt in dieser Nachkriegszeit schauen.

Es war wirklich ausgesprochen unübersichtlich: Es gab die tschechoslowakische Armee, die Rote Armee, es gab einzelne militärische Einheiten und ungeordnete bewaffnete Trupps, die vor allem geraubt und geplündert haben.

10. Mai 1945: Nymburk (Neuenburg an der Elbe): Nach der Kapitulation erschossen: ein Este, Mitglied der 20. Division der Waffen-SS. Bilder aus Padevět Buch "Blutiger Sommer 1945"
10. Mai 1945: Nymburk (Neuenburg an der Elbe): Nach der Kapitulation erschossen: ein Este, Mitglied der 20. Division der Waffen-SS. Bilder aus Padevěts Buch “Blutiger Sommer 1945” GGeschichte

Es war wirklich ausgesprochen unübersichtlich: Es gab die tschechoslowakische Armee, die Rote Armee, es gab einzelne militärische Einheiten und ungeordnete bewaffnete Trupps, die vor allem geraubt und geplündert haben.

5. Juni 1945: Olešnice (Gießhübel) Revolutionsgardisten oder Soldaten der Tschechoslowakischen Armee nehmen Pfarrer Anton Rührich (mit Schild) fest. Sie ermorden ihn am 16. Juni in Peklo.
5. Juni 1945: Olešnice (Gießhübel) Revolutionsgardisten oder Soldaten der Tschechoslowakischen Armee nehmen Pfarrer Anton Rührich (mit Schild) fest. Sie ermorden ihn am 16. Juni in Peklo. GGeschichte

Jetzt haben Sie die früheren Kollaborateure vergessen.

Padevět: Das sind die, die wir in Tschechien als “Partisanen der letzten Minute” bezeichnen. Sie arbeiteten mit den Nazis zusammen und wurden meistens erst am Nachmittag des 8. Mai 1945 zu Widerstandskämpfern. Sie versuchten, ihre Kollaborations-Vergangenheit auszubügeln und sich mit einem Mythos als Helden zu umgeben – oft mit besonders brutalen Gewalttaten.

Wie ging es mit diesen Leuten nach der gesetzlosen Zeit am Kriegsende weiter?

Padevět: Interessant ist, dass viele dieser “Partisanen der letzten Minute” dann in die kommunistische Partei eingetreten sind. Das war damals ohnehin immer wieder zu beobachten: Viele Verbrecher aus dieser Zeit standen 1946 und 1947 vor Gericht und wurden in einigen wenigen Fällen sogar tatsächlich zu hohen Strafen verurteilt. Darunter war Karol Pazúr, der mit seiner Militäreinheit in einer einzigen Nacht 230 Karpatendeutsche ermordet hatte, darunter Babys, Kinder und Alte.

Die meisten dieser verurteilten Verbrecher hat nach 1948 das kommunistische Regime begnadigt. Das ist übrigens eine weitere Erkenntnis, die ich aus der Recherche gewonnen habe: Sadisten und Gestörte kommen totalitären Regimen sehr gelegen, sie setzen sie als Untersuchungsbeamte verschiedener politischer Polizeieinheiten ein.

Manche der Gewalttäter von 1945 wurden später Vertrauensleute der Staatssicherheit. In Tschechien ist zuerst Ihr Buch über die Gewalt der Nationalsozialisten am Ende des Krieges erschienen, im Jahr danach erst dasjenige über die Gewalt an den Deutschen. Haben Sie diese Reihenfolge absichtlich gewählt? Ich hatte kein politisches Motiv dafür, wenn Sie das meinen. Es ist aber schon so, dass viele von denen, die mich für das erste Buch gelobt haben, dann nach dem Erscheinen des zweiten Buches sehr ruhig wurden (lacht).

Gab es Anfeindungen dafür, dass Sie als Tscheche die Gewalt an Deutschen behandeln?

Padevět: Ich unterteile die Menschen wirklich sehr ungern in Deutsche, Tschechen, Russen oder sonst etwas. Ich versuche, sie danach zu unterscheiden, ob sie sich gut verhalten. Und wenn jemand über mich denkt, ich sei ein Revanchist oder ein Anhänger der sudetendeutschen Landsmannschaft, soll er das ruhig denken, das ist sein Problem.

In Tschechien haben Politiker mit Polemiken gegen die Deutschen und die Sudetendeutschen noch vor Kurzem Wahlen gewinnen können …

Padevět: … aber das wird immer weniger. Die Meinung, dass die Deutschen die Vertreibung verdient hätten – auf Tschechisch sagen wir übrigens nicht Vertreibung, sondern “odsun”, Abschiebung –, dass sie sich alle 1938 Hitler an den Hals geworfen hätten, die ist immer weniger zu hören. Es gibt Extremisten von Links und Rechts, die das immer behaupten werden, aber diese Gruppe wird zunehmend schwächer. Stattdessen wird versucht, die Ereignisse zu erklären und mit ihnen umzugehen.

Es gab Fälle von Deutschen, die am Ende des Kriegs die Teilnehmer der Todesmärsche aus den KZs mit Lebensmitteln unterstützten, es gab deutsche Widerstandskämpfer. Und genauso kam es vor, dass sich Tschechen 1945 gegen andere Tschechen gestellt und die Vertreibung verurteilt haben.

Worauf stützen Sie sich bei Ihrer Recherche? Die Fälle von Gewalt sind ja vermutlich nicht gut dokumentiert.

Padevět: Moment, das stimmt nicht immer! Es gibt Massaker, die 1946 und 1947 untersucht wurden; dazu gibt es dann jede Menge Archivdokumente. Aber die Arbeit bleibt immer ein Zusammensetzen von einzelnen Mosaiksteinchen; viele der Ereignisse sind heute nur noch aus mündlicher Überlieferung bekannt. Ich hatte mal eine Lesung im Nordosten von Tschechien, da kam nach der Veranstaltung ein älterer Mann zu mir und sagte: “Wissen Sie, dass hier immer noch Deutsche vergraben sind?” Er hat mich dann an eine Stelle geführt und gesagt, dass dort ein Massengrab sei – aber der Besitzer des Grundstücks erlaube keine Exhumierung und niemand sonst wolle etwas davon wissen.

Es fällt auf, dass Sie in Ihrem Buch bei manchen Ereignissen die Namen von Tätern und Opfern nennen, bei anderen nicht – etwa bei dem Vorfall in einer Prager Schule.

Padevět: Sie meinen die Deutsche, die mit ihrer Tochter aus dem Fenster in den Tod gesprungen ist, bevor Soldaten der Roten Armee sie vergewaltigen konnten? Das Problem ist, dass es bei diesem Fall – und sehr vielen ähnlichen Fällen – keine Namen gibt. Wir müssen damit leben, dass wir die Namen mancher Opfer nie herausfinden werden. Generell habe ich immer die Namen von Tätern und Opfern veröffentlicht, wenn sie überliefert sind.

Sie sind bei der Recherche “knietief im Blut gewatet”, wie Sie einmal geschrieben haben. Gibt es trotzdem einen Vorfall, der Ihnen besonders nahe gegangen ist? Ja, und das ist die Geschichte vom “Leutnant Smrčina”. Viele Männer haben sich damals militärische Dienstgrade angeeignet, ohne sie jemals erworben zu haben. Und dieser selbst ernannte Leutnant hat im Ort Marianské Radčice mit ein paar Männern zusammen ein kleines privates Konzentrationslager eingerichtet, das nur für deutsche Frauen bestimmt war.

Wenn man die Protokolle in der Hand hält, in denen verzeichnet ist, was er mit diesen Frauen angestellt hat, dann schafft man es fast nicht, sie bis zum Ende durchzulesen. Das war selbst für damalige Verhältnisse so schlimm, dass eine andere Abteilung der sogenannten Revolutionsgarden ihm Einhalt geboten hat.

Wie ging dieser Fall weiter?

Padevět: Wie so oft in dieser Zeit: Der selbst ernannte Leutnant wurde erst verurteilt. Aber später haben ihn die Kommunisten entlassen und zum Agenten ihres Militärgeheimdienstes gemacht.

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Bücher über NS-Verbrechen gibt es zuhauf, doch mit den Kriegs- und Nachkriegsverbrechen gegen deutsche Zivilisten und Soldaten beschäftigt sich kaum eines. Umso verdienstvoller ist es, dass Erich Kern mit seiner Dokumentation „Tod den Deutschen. Verbrechen am deutschen Volk 1939–1947“  diese klaffende Lücke geschlossen hat. 

Schon mehrere Monate vor dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen am 1. September 1939 hatten der polnische Rundfunk und die Presse einen chauvinistischen Propagandafeldzug gegen die im Lande lebenden Minderheiten geführt. Dieser gipfelte in der Feststellung, „dass im Kriegsfalle kein einheimischer Feind lebend entrinnen wird“. Wohlmeinende Polen warnten damals ihre Nachbarn, sich auf das Schlimmste gefasst zu machen, die Rede von einer bevorstehenden „Bartholomäusnacht“ ging um.

Die angekündigte Jagd auf Deutsche begann dann schon kurz nach Kriegsbeginn. Besonders schlimm wüteten die Polen am 3. September 1939 in Bromberg (heute Bydgoszcz). Die mehrheitlich deutschsprachige Stadt in Westpreußen war per Versailler Diktat 1920 dem polnischen Staat zugeschlagen worden.

Kolonne von Motorrad-Gespannen der Wehrmacht. Bei ihrem Vorrücken in Polen wurden grauenhafte Verbrechen von Polen an Deutschen dokumentiert. Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-078-3076-16A / Fischer / CC-BY-SA 3.0

Nach offenbar schon vorher erstellten Listen ermordeten zurückströmende polnische Soldaten und ein entfesselter Mob an jenem Sonntag tausende Deutsche im nun der Woiwodschaft Posen zugeordneten Bromberg und anderen Städten. Der polnische Historiker Janusz Piekalkiewicz nimmt eine Zahl von 5.000 bis 6.000 getöteten Volksdeutschen an. Deutsche Quellen von 1939 sprechen von 5.437 Toten.

Warschau selbst gab die Täterschaft zu: Am 9. September 1939 forderte der polnische Sender in Wilna die Bevölkerung auf, sich ein Beispiel an den Mördern von Bromberg zu nehmen und im Kampf gegen die Deutschen alle erdenklichen Mittel anzuwenden.

Haufen scheußlich verstümmelter Leichen

Dieser sogenannte Bromberger Blutsonntag ist nur eines von zahlreichen Beispielen, die Erich Kern in seiner erschütternden Dokumentation „Tod den Deutschen. Verbrechen am deutschen Volk 1939–1947“ zur Sprache bringt und in allen schrecklichen Einzelheiten für die Nachwelt gesichert hat. Das ist auch bitter nötig, denn „die Welt weiß alles, was die Deutschen getan haben; die Welt weiß nichts von dem, was den Deutschen angetan wurde“, wie es US-Publizist Pat Buchanan formulierte.

Kern zeichnet in seinem akribisch recherchierten Werk nach, wie polnische Milizen in Bromberg und anderen Orten in einem regelrechten Blutrausch deutsche Zivilisten – darunter auch Frauen, Kinder und ältere Menschen – reihenweise massakrierten. Bei Hausdurchsuchungen wurde zunächst sämtliches Geld und Wertsachen gestohlen, die Wohnungen ausgeplündert und völlig verwüstet. Die Männer der Familie, vom 13-jährigen oder gar 10-jährigen Jungen bis zum 70- oder 80-jährigen Greis, wurden in fast allen Fällen in geradezu viehischer Weise umgebracht.

Marineoberkriegsgerichtsrat Ulrich Schattenberg, der von der Wehrmachts-Untersuchungsstelle beauftragt wurde, die ersten Zeugenvernehmungen in Polen durchzuführen, erklärte in seinem Bericht vom 14. September 1939:

„Zumeist wurden die Ermordeten mit Brechstangen, Seitengewehren, Gewehrkolben, Knüppeln derart zusammengeschlagen, dass ihre Gesichter bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wurden. Ich sah selbst angekohlte, zum Teil verbrannte Leichen ermordeter Volksdeutscher.“

Doch nicht nur deutsche Stellen meldeten die Gräueltaten von Bromberg. Der schwedische Journalist und Augenzeuge Christer Jäderlund berichtete am 8. September 1939 für die Zeitung Stockholms Tidningen:

„Der Sonntag war fürchterlich. Nach dem Abzug der polnischen Truppen und vor Ankunft der deutschen Wehrmacht entstand in der Stadt ein schreckliches Massaker. Die Anzahl der ermordeten und scheußlich verstümmelten Menschen – Deutsche und Polen, die als deutschfreundlich verdächtig waren – wird auf etwa 1.000 berechnet.“

Weiter schrieb er: „Ich fotografierte selbst eine ganze Reihe der großen Leichenhaufen, die noch heute, teils auf den Straßen, teils in den Wäldern sowie in den Gärten, umherlagen.“

Vergewaltigungen, Plünderungen, Morde

Doch nicht nur in Polen machte man Jagd auf Deutsche – und das sogar schon vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Ein weiteres zentrales Thema seines Werkes „Tod den Deutschen“ ist die Welle von Vergewaltigungen und Plünderungen, die durch Soldaten der vorrückenden Rote Armee in Ostpreußen, Pommern, Schlesien und Berlin verübt wurden. Kern dokumentiert die Schrecken, die Frauen und Mädchen erlebten und oftmals nicht überlebten – und gibt auch diesen vergessenen Opfern eine Stimme.

Verstörende Filmaufnahmen der US-Armee dokumentieren das Kriegsende in der Tschechoslowakei in Farbe. Foto: Screenshot Youtube

Das trifft ebenso auf jene deutschen Soldaten und Zivilisten zu, die in der Sowjetunion und Jugoslawien, aber auch in Italien den gegen jedes Kriegsrecht verstoßenden Taktiken und Gräueltaten von Partisanen zum Opfer fielen. Es gab zahlreiche feige Mordanschläge auf Angehörige der Wehrmacht, in einigen Fällen aber auch die systematische Vernichtung ganzer  deutscher Dörfer. Kerns Dokumentation zeigt die Grausamkeiten beider Seiten, sein Fokus ist allerdings auf die stets verschwiegenen Opfer unseres Volkes gerichtet.

Zwischenüberschrift

Mit seinem Werk „Tod den Deutschen. Verbrechen am deutschen Volk 1939–1947“ schließt der Autor eine klaffende Lücke in der Zeitgeschichtsforschung. Kern dokumentiert den Bombenkrieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung, die Heckenschützen von Griechenland und Italien bis Frankreich, die Ausrottung der deutschen Volksgruppe in Jugoslawien, den entfesselten Massenmord an Deutschen in Prag und ganz Böhmen und die Sexualverbrechen der Alliierten im Westen Deutschlands.

Seine Dokumentation lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Doch sie ist notwendig, um die einseitige Sichtweise auf die Kriegs- und Nachkriegsgeschichte zu erweitern – und das mit einer bemerkenswerten Quellenarbeit und akribischer Recherche. Er lässt nicht nur Augenzeugen zu Wort kommen, sondern präsentiert zahlreiche Dokumente und Berichte, die die grauenhaften Taten, denen deutsche Zivilisten und Soldaten durch die Willkür der Sieger ausgeliefert waren, ungeschminkt darstellen.

Daher leistet „Tod den Deutschen“ einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur in diesem Land: Er zeigt das Martyrium von Millionen unschuldiger Deutscher, die vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg oft allein aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit drangsaliert, gequält und ermordet wurden. Erschütternd und erhellend zugleich!

Für die historische Wahrheit: In seiner aufrüttelnden Dokumentation „Tod den Deutschen. Verbrechen am deutschen Volk 1939-1947“ zeichnet Erich Kern den Leidensweg von Millionen Deutschen anhand von Zeitzeugenberichten und Dokumenten nach. 

Verbrechen

Am 8. Mai 1945 kapitulierte Nazideutschland, aber der Krieg ging weiter: das Morden, die Vergewaltigungen, die Vertreibungen und auch die ethnischen Säuberungen, die Deutschland in Gang gesetzt hatte.

n-tv.de: Offiziell ging der Zweite Weltkrieg in Europa am 8. Mai mit der Kapitulation des Deutschen Reiches zu Ende. Wer Ihr Buch liest, stellt allerdings schnell fest, dass die Gewalt keineswegs aufhörte. Wann war der Krieg wirklich vorbei?

Keith Lowe ist Autor und Historiker. Sein Buch "Der Wilde Kontinent" erschien Ende 2014.

Keith Lowe ist Autor und Historiker. Sein Buch “Der Wilde Kontinent” erschien Ende 2014.

(Foto: Ave Maria Mõistlik / CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Keith Lowe: Das Ende des Kriegs war ein Prozess, das passierte nicht an einem Tag. Die Schlacht um Stalingrad ging im Februar 1943 zu Ende. Das war der Moment, an dem das Ende des Kriegs begann. Auch in Westeuropa fing es 1943 an: In diesem Jahr wurde Süditalien befreit, 1944 Frankreich. Nach der Kapitulation der Deutschen am 8. Mai 1945 ging der Krieg monatelang, teilweise jahrelang weiter. In gewisser Weise könnte man sagen, dass der Krieg bis heute andauert.

Inwiefern dauert der Krieg bis heute an?

Die psychologischen Auswirkungen sind bis heute spürbar. Aber ich gebe zu, diese Sicht ist ein bisschen übertrieben. Ich würde sagen, der Krieg ging in den späten 1940er- oder frühen 1950er-Jahren zu Ende. Zu diesem Zeitpunkt war der größte Teil der Gewalt – die Racheaktionen, die Kämpfe in Osteuropa – unter Kontrolle.

Ihr Buch enthält viele Berichte von Menschen, denen furchtbare Dinge widerfuhren. Gibt es etwas, das Sie beim Schreiben besonders schockiert hat?

Der Krieg war voller Gräuel und auch nach dem Krieg passierten noch viele Gräuel. Es ist schrecklich, all diese Geschichten aufzuschreiben. Aber überraschend ist das nicht: Die Gräueltaten waren eine Reaktion auf Gräueltaten, die zuvor passiert waren. Zwei Dinge haben mich dennoch schockiert. Das eine war die schiere Menge der furchtbaren Augenzeugenberichte. Das ist wirklich schwer zu verarbeiten. Das andere war, wie nach dem Krieg mit Frauen und mit Kindern umgegangen wurde. In vielen Ländern galten die Kinder von Frauen, die sich mit Deutschen eingelassen hatten, als so böse, dass sie von der Gesellschaft verstoßen, teilweise sogar ermordet wurden. Hier geht es um Kinder, deren einziger Fehler war, die falschen Eltern zu haben.

Sie beschreiben, wie solche Kinder in Norwegen ausgegrenzt wurden. Bis in die 1960er-Jahre erhielten sie nicht einmal die norwegische Staatsangehörigkeit, einige verbrachten ihr Leben in psychiatrischen Einrichtungen, weil sie für geistig zurückgeblieben erklärt wurden. Sie behandeln das in dem Kapitel mit der Überschrift “Rache”. Hätte es nicht auch in das Kapital “Ethnische Säuberung” gepasst?

Die Grenzen zwischen den Kapiteln sind fließend – Rache und ethnische Säuberungen hängen eng miteinander zusammen. Eigentlich ist Rache das Fundament der gesamten Gewalt, die es nach dem Krieg gab. Die Geschichte der norwegischen Kinder habe ich dem Kapitel “Rache” zugewiesen, weil es dabei nicht um ethnische Reinheit ging. Es gibt Hinweise, dass die norwegische Regierung die 9000 Kriegskinder einer australischen Einwanderungsdelegation anbot. Aber das stärkere Motiv war wohl, zumindest unbewusst, Rache.

Für mich ist das eindrucksvollste Kapitel Ihres Buches das über die ethnischen Säuberungen zwischen Polen und Ukrainern. Beide Völker hatten unter der deutschen Invasion und Besatzung gelitten und sobald die Deutschen fort waren, fingen sie an, sich gegenseitig umzubringen und zu vertreiben. Man sollte annehmen, sie hätten dazugelernt.

Die ukrainischen Nationalisten hatten als Hilfstruppen der Nazis im Holocaust gelernt, wie ethnische Säuberungen funktionieren. Diese Techniken wandten sie an, als sie die Polen vertrieben, die auf “ihrem” Land lebten. Sie hatten etwas gelernt, nur war es eben das Falsche.

Als überlebende Juden nach dem Krieg in ihre Heimatorte zurückkehrten, wurden sie häufig wie Eindringlinge behandelt. In Polen wurden sogar hunderte Juden umgebracht. Wie kam es dazu? Über Jahrhunderte hatten polnische Juden friedlich mit anderen Polen zusammengelebt.

Ja, aber den Antisemitismus hatte es auch über Jahrhunderte in Polen gegeben. Der Krieg gab den Menschen die Gelegenheit, ihn auf massive und ziemlich abstoßende Weise auszuleben. Zu ihrem eigenen Antisemitismus kam die antisemitische Propaganda der Nazis und darauf kam noch etwas anderes: Viele Leute hatten sich das Eigentum von deportierten Juden genommen. Als Juden heimkehrten, wollten die Leute diese Sachen nicht herausgeben. Da war es leichter, einen Grund dafür zu finden, sich ihnen gegenüber gewalttätig zu verhalten.

Das war übrigens nicht nur in Polen so, sondern auch in Westeuropa. Es gibt eine Geschichte von einer holländischen Jüdin, die nach Amsterdam zurückkam und feststellen musste, dass ihre Wohnung und ihr gesamtes Eigentum von einer Holländerin in Besitz genommen worden war. Sie ging zu ihr und sagte: Du trägst meinen Mantel. Die andere Frau gab das aber nicht zu. Am Ende brach die Jüdin in Tränen aus, ging zu der Frau, die ihren Mantel gestohlen hatte, riss den Pelzkragen ab und warf ihn in die Amstel. Dramen wie dieses spielten sich überall in Europa ab.

Wie kam diese dünne zivilisatorische Schicht zurück, die Europa im Krieg und in der unmittelbaren Nachkriegszeit abgelegt hatte?

Kurz gesagt: Die Leute hatten die Nase voll von der Gewalt – und zwar sowohl die normalen Menschen als auch die Mächtigen. Die Leute waren dankbar, dass die Besatzungsmächte die Gewalt zurückdrängten, selbst dann, wenn es wie in Osteuropa mit dem Verlust von Freiheit einherging. Die litauischen Partisanen verloren ihren Kampf gegen die Sowjets nicht, weil die Rote Armee sie besiegte. Sie verloren, weil sie von ihren eigenen Leuten verraten wurden, die genug von den Kämpfen hatten.

Europa muss nach dem Krieg unfassbar traumatisiert gewesen sein. Wie hat sich das auf die europäischen Gesellschaften ausgewirkt?

Mit Blick auf Individuen ist das schwer zu sagen. Aber bezogen auf Europa als Ganzes würde ich sagen, haben wir bis heute nicht wirklich verstanden, wie uns der Krieg beeinflusst hat. Überall in Europa fand eine gigantische Verdrängung statt. In Frankreich wissen alle, dass nicht jeder Franzose im Widerstand war. Aber unbewusst gibt es noch immer das Bedürfnis, das Gegenteil zu glauben. In Polen weiß man, dass es auch Polen gab, die Verbrechen verübten. Aber lieber hängt man der Vorstellung an, dass alle Polen Opfer waren. Die Briten sehen sich gern als Helden. Weniger gern erinnern wir Briten uns daran, dass wir Frauen und Kinder in Deutschland bombardiert und Menschen über die österreichische Grenze nach Slowenien in den sicheren Tod abgeschoben haben.

Die traditionelle Sichtweise ist, dass Europa im Zweiten Weltkrieg seine Lektion gelernt hat. Ihr Buch legt nahe, dass dies nicht im Krieg passierte, sondern erst danach. Wie schafften es Männer wie Frankreichs Präsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer, die Grundlagen für ein friedliches Europa zu legen?

De Gaulle ist ein gutes Beispiel, wie man ein Land befriedet. Denn es gab zwar weiterhin Gewalt. Aber er schaffte es, die Illusion zu schaffen, dass alle Franzosen zusammenstehen. Ich halte nicht viel von Verdrängung, aber nach dem Krieg erfüllte sie einen Zweck. Verdrängung sorgte dafür, dass die Menschen durchatmen konnten. Manche Lügen sind notwendig, um Frieden zu schaffen. Trotzdem sind es Lügen, und irgendwann muss man akzeptieren, dass es Lügen waren.

Mit Keith Lowe sprach Hubertus Volmer

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