Die Zukunft des Gazastreifens aus der Sicht des Weißen Hauses

Album „The Great March of Return“.

Verwirrung in Washington, London und Tel Aviv

Präsident Donald Trump, der Benjamin Netanjahu rügte, als dieser ihn aufforderte, Gaza zu annektieren, scheint sich nun doch vorzubereiten, die Kontrolle über das palästinensische Gebiet zu übernehmen. Während Tel Aviv sich anschickt, das gesamte Mandatsgebiet Palästina zu annektieren, und Ägypten und Jordanien dagegen der Palästinensischen Autonomiebehörde die Schlüssel übergeben wollen, wird eine riesige Immobilienoperation im Wert von 100 Milliarden Dollar in Betracht gezogen.

US-Präsident Donald Trump berief am 27. August ein Treffen im Weißen Haus ein, um Vorschläge für die Zukunft des Gazastreifens zu sammeln. Um JD Vance, Vizepräsident, Steve Witkoff, Sondergesandter, und Marco Rubio, Außenminister, waren auch Jared Kushner, ehemaliger Berater während Trumps erster Amtszeit, Tony Blair, ehemaliger britischer Premierminister, und Ron Dermer, israelischer Minister für strategische Angelegenheiten, anwesend.

Nach dieser Beratung wurde keine Pressemitteilung veröffentlicht. Laut der Washington Post würde der Gazastreifen jedoch “mindestens 10 Jahre lang von den Vereinigten Staaten verwaltet werden, während er sich in einen glänzenden Touristenkomplex und ein Zentrum der High-Tech-Produktion und -Technologie verwandelt”. Die kolossale Summe von 100 „Milliarden“ Dollar würde dort investiert werden.

Eine derartige Operation entspricht der Sichtweise des “Jacksonianers” Trump. Im Jahr 1830 unterzeichnete nämlich Präsident Andrew Jackson (1829-1837) den Indian Removal Act (Deportationsgesetz von Indianern). Um den Indianerkriegen ein Ende zu setzen, schlug er vor, ihnen Reservate zuzuweisen, anstatt sie weiter abzuschlachten. Die Umsiedlung war für die Cherokee-Indianer besonders tödlich (die Episode “Trail of Tears”), aber sie akzeptierten diese Form des Friedens, während fast alle anderen Indianerstämme sie ablehnten. Zwei Jahrhunderte später ist nur der Cherokee-Stamm wohlhabend und integriert, während alle anderen Stämme an den Rand gedrängt wurden. Es besteht kein Zweifel, dass es Jacksons Methode gelungen war, den Völkermord an den Indianern zu beenden, aber zu welchem Preis?

Trumps aktueller Plan ist für die Palästinenser genauso schockierend wie Jacksons für die Cherokees, aber er bietet eine Lösung, wo es doch sonst keine gibt. Werden sich die Palästinenser, die seit mehreren Generationen für die Durchsetzung ihrer Rechte kämpfen, damit zufrieden geben? Das Völkerrecht besagt, dass kein Volk von seinem eigenen Land vertrieben werden darf. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat das Rückkehrrecht derjenigen, die 1948 gewaltsam vertrieben wurden, konsequent garantiert – mit der Resolution 194 der UN-Generalversammlung vom 11. Dezember 1948 und der Resolution 237 des UN-Sicherheitsrats vom 14. Juni 1967 -. Vor sieben Jahren organisierten palästinensische Zivilisten den “Marsch der Rückkehr”. Die israelischen Verteidigungskräfte (IDF) schossen auf eine friedliche Menschenmenge, wobei mindestens 120 Menschen getötet und 4000 verletzt wurden. Es ist offensichtlich illusorisch zu glauben, dass ein solches Märtyrer-Volk sich diesem Projekt leicht anschließen wird.

Infolgedessen erwogen die Teilnehmer des Treffens im Weißen Haus, 23000 Dollar pro Person an jede Familie zu zahlen, die sich bereit erklären würde, ins Exil zu gehen. Mit Libyen, Äthiopien, dem Südsudan, Indonesien und Somaliland wurden bereits Kontakte geknüpft, selbst wenn keiner dieser Staaten es bestätigt hat. Das Trump-Team plant auf diese Weise ein Viertel der Bevölkerung des Gazastreifens mit ihrer Zustimmung zu vertreiben.

Laut der Financial Times hielten das Tony Blair Institute for Global Change (TIT) und die Boston Consulting Group (BCG) gemeinsame Arbeitstreffen zum Projekt der „Gaza-Riviera“ ab, die als “The Gaza Reconstitution, Economic Acceleration and Transformation Trust” (GREAT* Trust) bezeichnet werden. Während dieser Vorbereitungstreffen wurde das Projekt der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) ins Leben gerufen. Während des Sommers verteilte diese Stiftung Schweizer Rechtes, an Stelle der Besatzungsmacht, der Vereinten Nationen, des Internationalen Roten Kreuzes und verschiedener humanitärer Organisationen, humanitäre Hilfe in Gaza. Dies führte zwar zu einer Umgehung der Hamas, aber auch zur der von den IDF durchgeführten Ermordung von fast tausend Zivilisten, die gekommen waren, um Nahrungsmittelhilfe zu erhalten. Der GHF-Skandal wurde einstimmig verurteilt, auch von jüdisch-israelischen Persönlichkeiten. In Wirklichkeit wurde das GHF vom Mikwe Yisrael Forum geschaffen, das Yotam HaCohen, einen strategischen Berater von Benjamin Netanjahu und Sohn des ehemaligen Generals Gershon HaCohen, Liran Tankman, einen ehemaligen Geheimdienstoffizier, der zu einem High-Tech-Unternehmer wurde, und den US-israelischen Risikokapitalgeber Michael Eisenberg versammelte. Die meisten Moderatoren des Mikwe Yisrael Forums schlossen sich dem Koordinator für Regierungsaktivitäten in den Gebieten (COGAT), Ghassan Alian, an, in der Überzeugung, dass die Netanjahu-Regierung nichts tut, um den Bewohnern des Gazastreifens zu helfen, und dass es an den Israelis liege, die Initiative zu ergreifen. Die “Stiftung” soll mit 100 Millionen Dollar von einem europäischen Staat finanziert worden sein, dessen Identität geheim bleibt.
Die in der Schweiz ansässige Nichtregierungsorganisation TRIAL International hat zwei rechtliche Schlussfolgerungen eingereicht, in denen sie die Schweizer Behörden auffordert, die Einhaltung des Schweizer Rechts und des humanitären Völkerrechts durch die GHF zu untersuchen. Die zentrale, von TRIAL International aufgeworfene Frage ist, ob humanitäre Organisationen private Militärunternehmen in Anspruch nehmen können oder nicht. Tatsächlich trat der Geschäftsführer der GHF, der ehemalige US-Marine Jake Wood, bereits zu Beginn zurück. Die “Stiftung” nahm daraufhin die Dienste von Philip F. Reilly und seiner Firma Safe Reach Solutions in Anspruch. Reilly ist aber ein ehemaliger Soldat der 7th Special Forces Group, die sich auf Anti-Drogen-Missionen in Lateinamerika konzentrierte. Er wurde Chef des paramilitärischen Flügels der CIA, der damals als Special Activities Division bekannt war, aber in Special Activities Center umbenannt wurde. Er war um 2008 und 2009 Leiter der afghanischen CIA-Station sowie Operationschef des Counterterrorism Mission Center des Geheimdienstes, das das höchst umstrittene Drohnenangriffsprogramm des Geheimdienstes während des Krieges gegen den Terror leitete. Danach wechselte er in die Privatwirtschaft als Senior Vize-Präsident der Special Operations für das private Militärunternehmen Constellis, Eigentümer des Söldnergeschäfts, das früher als Blackwater bekannt war. Schließlich arbeitete er für eine andere Privatarmee, Orbis. Wenn es auch stimmt, dass die IDF die palästinensischen Zivilisten, die kamen, um Nahrung zu suchen, nicht tötete, haben Philip F. Reillys Männer es wohl getan.

Das Projekt des zukünftigen Gazas ist laut seinen Immobilienentwicklern (den drei Profis Jared Kushner, Donald Trump und Steve Witkoff) Dubai würdig. Viele transnationale Unternehmen haben sich bereits angeschlossen.

Um die Zusammenführung der Bewohner des Gazastreifens zu erleichtern, hat die revisionistisch-zionistische Regierung von Benjamin Netanjahu den Bau einer Zeltstadt für 600.000 Menschen in Rafa angeordnet. Sie hätten dort Lebensmittel und Krankenhäuser, könnten aber die Zeltstadt nicht verlassen. Finanzminister Bezalel Smotrich sagte am 14. Mai auf einer Konferenz über die jüdischen Siedlungen im besetzten Westjordanland: “Zivilisten werden in den Süden geschickt, in eine humanitäre Zone, und von dort aus werden sie in großer Zahl in Drittländer gehen.”

Der Premierminister selbst traf schließlich am 13. August auf i24News auf Hebräisch die Entscheidung. Er beanspruchte eine “historische und spirituelle Mission” und versicherte, er sei “sehr” der Vision eines “Großisraels” verpflichtet. Mit 75 Jahren berief er sich öffentlich auf den Mentor seines Vaters, Wladimir Jabotinski, den Begründer des “revisionistischen Zionismus”.

Gleichzeitig verabschiedete die Knesset am 23. Juli mit 71 Ja-Stimmen und 13 Nein-Stimmen ein nicht bindendes Gesetz, das die Regierung auffordert, das Westjordanland zu annektieren, bevor die neuen ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates noch den Staat Palästina vollständig anerkennen.

Darüber hinaus berichtet die IDF, dass im Jahr 2024 im Westjordanland 618 Siedlerangriffe registriert wurden, verglichen mit 404 in der ersten Hälfte des Jahres 2025.

Der Republikaner Mike Johnson, Sprecher des US-Repräsentantenhauses, hat seine Unterstützung für die Annexion ausgedrückt. Er besuchte Anfang August 2025 die Siedlung Ariel und sagte, er glaube, dass “Judäa und Samaria” dem jüdischen Volk gehöre, und drückte seine Unterstützung für die Ausweitung der israelischen Souveränität über das Westjordanland aus. Es war das erste Mal, dass eine amerikanische Persönlichkeit dieses Ranges israelische Siedlungen im Westjordanland besuchte. Die Trump-Verwaltung hält sich vorerst vorsichtig aus dieser Bewegung heraus, zumal sie ihr ganzes Handeln auf eine Stärkung der Abraham-Abkommen mit den arabischen Staaten setzt.

Die israelische öffentliche Meinung lehnt laut einer im Dezember 2024 vom Institute for National Security Studies durchgeführten Umfrage ihrerseits zu 34 % die Annexion der palästinensischen Gebiete ab, 21 % sind dafür, dass die derzeitigen Siedlungen annektiert werden sollten, und 21 %, dass alles annektiert werden sollte.

Ägypten und Jordanien, die es nicht glauben wollen, bilden ihrerseits weiterhin Hunderte von jungen Palästinensern aus, die der Fatah treu ergeben sind, um eine private Sicherheitstruppe von 10.000 Mann zu bilden, um die Palästinensische Autonomiebehörde in Gaza an die Macht zu bringen. In der Zwischenzeit planen Saudi-Arabien und Frankreich, den Staat Palästina in der UN-Generalversammlung vollständig anzuerkennen, und die UNO bereitet seine Unabhängigkeitserklärung vor.

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