Unser Freund und Kollaborateur Hassan Hamadé, der an der Vermittlung von Msgr. Hilarion Capucci für die Freilassung von Georges Ibrahim Abdallah teilgenommen hat, bezeugt hier den Kampf dieses libanesischen Aktivisten für die palästinensische Sache.
Der legendäre Aktivist Georges Ibrahim Abdallah, angeklagt wegen Verbrechen, für die er völlig unschuldig war, verbrachte 41 Jahre in französischen Gefängnissen in Einzelhaft.
Sein Fall war Opfer massiver juristischer, politischer und medialer Fälschungen, die von den französischen Behörden und den politischen Kräften des Landes orchestriert wurden. Er wurde vor völlig konditionierte Geschworene gestellt, die für die Schreie, das Stöhnen und die Tränen der Angehörigen der Opfer der Pariser Anschläge von 1986 taub waren, und ihm wurde gesagt: “Lassen Sie diese ’Gerechtigkeit’ sich ausdrücken, sie ist dem Motto der Republik treu: Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit.”
Die Situation von Georges Ibrahim Abdallah erinnert an die der ersten Christen, die von den römischen kaiserlichen Behörden mit hungrigen Tieren in die Arena des Kolosseums geworfen wurden… unter dem Applaus des Publikums.
Genau das ist dem libanesisch-palästinensischen Aktivisten, Nationalisten, Internationalisten und zutiefst menschlichen Verteidiger der Unterdrückten der Erde, Herrn Georges Ibrahim Abdallah, passiert.
Die französischen Behörden haben ihn 1984 verhaftet, nachdem 1982 in Paris zwei Diplomaten – ein Amerikaner und ein Israeli – ermordet worden waren: Charles Ray, stellvertretender Militärattaché an der US-Botschaft, und Yaakov Bar-Simentov, zweiter Berater an der israelischen Botschaft.
Georges hat mit diesen beiden Fällen nichts zu tun. Er hat natürlich jegliche Verantwortung bestritten und gesagt, dass er niemals eine Tat leugnen würde, die er tatsächlich begangen hätte, vor allem wenn sie von moralischen und politischen Prinzipien geleitet wäre. Die Ermittler haben in ihm einen Menschentypus entdeckt, den sie noch nie getroffen hatten: sehr höflich, weich wie Seide, aber hart wie Stahl. Von Anfang an sagte er ihnen, dass diese Morde für ihn Teil des legitimen Widerstandskampfes seien. Es war eine Art zu sagen: “Es wäre eine Ehre, aber das war nicht ich.”
Die Hüter der “Gerechtigkeit”, ihre Vorgesetzten und diejenigen, die sie hinter den Kulissen manipulieren, haben dann begriffen, dass diese Art von ehrlichen, aufrichtigen und unerschütterlichen Revolutionären zerstört werden musste. Sie haben also beschlossen, sich über das Gesetz hinwegzusetzen, ihn fälschlicherweise zu beschuldigen und ihn lebenslang ins Gefängnis zu werfen, um ein Exempel an ihm zu statuieren. Denn er war unbezwingbar.
Sie haben eine Sache verstanden: Er kannte sie besser als sie ihn. Dies gab ihnen einen Minderwertigkeitskomplex, der durch die Klarheit seines Engagements, die Stärke seines Willens und die Finesse seiner Gefühle verstärkt wurde. Ein “seltsames” Wesen, sagten sie…
Die Anschläge von Paris – 1986
In Paris häuften sich die Explosionen. Das war 1986. Sie sagten: Dieser Mann müsse notwendigerweise mit der revolutionären Organisation verbunden sein, die für diese Anschläge verantwortlich sind. Und selbst wenn es keinen Beweis für seine Beteiligung gibt, wen kümmert das! Diese Anschuldigungen wurden gegen ihn erhoben, unter Umgehung des Gesetzes, um zu verhindern, dass Georges Abdallah den Fängen des Zionismus entkommen könnte. Das Gesetz allein reicht nicht aus. Es muss mit Füßen getreten werden.
Es genügt, an dieser Stelle an die erschreckend manipulative Rolle der französischen Medien bei der Herstellung der öffentlichen Meinung zu erinnern. Sie haben einer Form der “Volksjustiz” die Fassade der Legitimität verliehen, die an die dunklen Stunden der Französischen Revolution erinnert – der Mutter aller blutigen Revolutionen – eine Straßenjustiz, die den Gerichten ihre Strafe aufzwingt. Und die Straße hallte von den Schreien der Opfer und ihrer Angehörigen wider, im Rhythmus der zionistischen Propaganda, die die Medien ungefiltert ausstrahlten.
So wurden die Akten im Kopf einer indoktrinierten Öffentlichkeit absichtlich verwirrt. Georges Ibrahim Abdallah befand sich im Zentrum aller Anschuldigungen, im Zentrum der Arena. Verfolgung, Schikanen und Verdächtigungen durch die Polizei begannen die Ausländer zu ersticken, die nach ihrer Hautfarbe beurteilt wurden. Auf den Straßen und auf öffentlichen Plätzen hat sich eine eklatante Rassentrennung durchgesetzt. Der Staatsterrorismus – offiziell und organisiert – hat sich breit gemacht. Die politischen Parteien, ihre Führer und ihre Verbände begannen daraufhin einen erbärmlichen Wettstreit. Derjenige, der den “Feind der Menschlichkeit”, Georges Ibrahim Abdallah, am lautesten beschuldigte, punktete in der politischen Schlacht.
Georges, “Feind der Menschlichkeit”
Zu dieser Zeit begannen die roten Linien zwischen Ost und West zu fallen. Die Sowjetunion mit Michail Gorbatschow an der Spitze der Kommunistischen Partei begann mit großen Strukturreformen, der berühmten Perestroika, begleitet von Glasnost (“Transparenz”). Diese Reformen sollten den Zusammenbruch der UdSSR und ihres gesamten Bündnissystems herbeiführen.
Zur gleichen Zeit tobten Kriege:
• In Afghanistan, wo der Westen die Mudschaheddin um jeden Preis gegen die sowjetische Armee unterstützte, die Ende 1979 in das Land einmarschiert war. Arabische Gelder finanzierten diese militärischen Anstrengungen. Die westlichen Medien rühmten diese “Freiheits”-Kämpfer, während „Warlords“, wie Ahmad Schah Massoud – der den Spitznamen “Löwe von Panschir” trug – von der Pariser Presse als Helden gefeiert wurden. Die islamische Religion der Mudschaheddin störte den Westen in keiner Weise, solange der Aufruf zum Dschihad gegen die UdSSR und nicht gegen den Westen gerichtet war.
• Zur gleichen Zeit war der Iran-Irak-Krieg, der 1980 durch den Angriff Saddam Husseins auf den Iran ausgelöst worden war, in vollem Gange. Der ganze Westen stellte sich hinter Bagdad, finanzierte es, bewaffnete es, überwachte seine Feldzüge, mit finanzieller Unterstützung des Golfs. Der Iran habe das “Unverzeihliche” begangen: Er habe mit Israel gebrochen, sich als Anführer des Antizionismus positioniert und die israelische Botschaft in Teheran in die Botschaft Palästinas verwandelt. Er musste bestraft werden: Das war die Kampagne “Qadisijah Saddam”. In diesem Zusammenhang entfachten die Angelsachsen den alten, 1400 Jahre alten sunnitisch-schiitischen Konflikt neu, von dem sie wussten, dass er für ihre Interessen vielversprechend war.

Kulturelle Beleidigung des Westens und politische Unterwürfigkeit
So hatte jeder Krieg seinen “Dschihad”, jeder Kampf seine “Mudschaheddin”. Dieser Dschihad basierte auf zwei widersprüchlichen, aber miteinander verflochtenen Säulen: der kulturellen Feindseligkeit gegenüber dem Westen und der gleichzeitigen politischen Abhängigkeit von ihm. Eine vom Westen selbst aufrechterhaltene Schizophrenie.
Parallel zu Afghanistan und der Golfregion begann Israel seinen Krieg gegen den Libanon (1982) und erreichte Beirut, was die Entstehung des Widerstandes gegen die Besatzung herbeiführte. So entstand die Joumhouriyat al-Muqawama al-Wataniyya al-Lubnaniyya (“Libanesische Nationale Widerstandsfront”), dann die Hisbollah aus der Amal-Bewegung, die von Imam Moussa Sadr gegründet wurde und der auf mysteriöse Weise verschwand, nachdem er von seinem eigenen Volk verraten worden war. Die Hisbollah wurde schnell zu einer der mächtigsten Widerstandskräfte der Welt, die dem Iran nahesteht.
Georges, Symbol dieser Kämpfe
Georges Ibrahim Abdallah ist die Frucht all dieser miteinander verflochtenen Kontexte, mit Palästina als Rückgrat.
Dann kamen die gewaltsamen Anschläge im Herzen von Paris, die die ungesunde Rolle der französischen politischen Klasse in diesem “makabren Teil” hervorhoben. Die einen und die anderen versuchten, diese große Sicherheitskrise im Kampf um die Macht auszunutzen, indem sie eine harte Rechte gegen eine sozialistische Linke ausspielten, die Israel völlig unterworfen war.
1986 beendete François Mitterrand den ersten Teil seiner Amtszeit, die 1981 begann. Doch nach der Niederlage bei den Parlamentswahlen 1986 der Sozialisten und Kommunisten rückte die Exekutive nach rechts: Jacques Chirac wurde erneut Ministerpräsident.
Frankreich trat dann die Phase des “Zusammenlebens” [Cohabitation] an, mit einem sozialistischen Präsidenten und einem rechten Premier-Minister, der dem Präsidenten stark feindlich gesinnt war. Die Verfassung der Fünften Republik, die auf Charles de Gaulle zugeschnitten war, überträgt in der Praxis die Zügel der Exekutive dem Premier-Minister für innere Angelegenheiten und beschränkt die Rolle des Präsidenten auf Diplomatie und Verteidigung.
Die Anschläge vom Dezember 1985 und September 1986 wurden zum heikelsten Sicherheitsthema. Mitterrand und Chirac kämpften bereits für die Präsidentschaftswahlen 1988 und wurden von mächtigen finanziellen und diplomatischen Netzwerken, auch in der arabischen Welt, unterstützt.
Georges: Geisel französischer politischer Manöver
Der Fall Georges Ibrahim Abdallah wurde dann zu einem zentralen Thema in den politischen Rivalitäten und Frankreichs Wettstreit, die von beiden Lagern instrumentalisiert wurden. Und in beiden Fällen war es die mächtige und transversale zionistische Lobby, die die Fäden zog. Diese Lobby kontrolliert seit langem die Entscheidungszentren in Frankreich und agiert über parteipolitische Spaltungen hinweg.
Ihre Agenda ist klar: Die französische Gesellschaft in einem Zustand der permanenten Mobilisierung gegen Palästina und gegen jede Person – Bürger, Intellektuellen, Aktivisten oder Künstler – zu halten, der die geringste Sympathie für die palästinensische Sache zeigt. Es ist kein Zufall, dass sich die wirkliche Macht in Frankreich in einem stillen Staatsstreich, der im Januar 1973 orchestriert wurde, von republikanischen Institutionen auf Finanzhäuser verlagert hat.
An diesem Tag haben Präsident Georges Pompidou, ehemaliger Direktor der Bank Rothschild, und sein Finanzminister, Valéry Giscard d’Estaing, unbemerkt ein Gesetz verabschiedet, das der Banque de France [Nationalbank] verbot, für staatliche Finanzierung direkt Kredit zu verleihen. Diese Macht wurde auf private Banken übertragen, insbesondere auf die Rothschild-Bank, wie es 1913 in den Vereinigten Staaten geschehen war. Dieses Dekret wurde von Insidern getauft: “Pompidou – Giscard – Rothschild Gesetz”.
Diese Wende hat den Weg der Finanzoligarchie geebnet, die Übernahme des Staates durch private Interessen erleichtert und die Souveränität des Volkes zu einer Farce reduziert. Es sollte am Rande erwähnt werden, dass der derzeitige Präsident, Emmanuel Macron, auch ein leitender Angestellter bei Rothschild war und diese Tradition fortsetzte.
In dieser Logik wird Georges Ibrahim Abdallah von zionistischen Kreisen als die lebende Inkarnation Palästinas angesehen und daher als ein Mann, der getötet werden muss – nicht physisch, sondern moralisch, politisch und juristisch. Er verkörpert das, was der Westen ausrotten will: widerständige Würde.
Es ist daher unmöglich, an den gesunden Menschenverstand, an das Recht oder die Vernunft zu appellieren, in einem Klima, in dem die Medien die kollektiven Emotionen instrumentalisieren, in dem die “Suche nach Terroristen” zum Alibi wird, um ausschließlich Ausländer und vor allem Muslime zu verfolgen.
Man kehrte dann zu den Methoden des Vichy-Frankreichs zurück: Denunziation, Verdacht, Aktenherstellung. Selbst antizionistische Juden, die Israel feindlich gesinnt waren, hatten Schwierigkeiten ihre Schriften zu veröffentlichen, in denen sie die Ähnlichkeiten zwischen dem Verhalten des französischen Staates und dem des Vichy-Regimes anprangerten. Sie wurden zensiert. Die heutige französische Polizei erinnert manchmal an den Eifer jener, die an der Seite der Gestapo auf aufständische Juden Jagd machte.
In diesem Zusammenhang erreichte der politische Wettstreit einen neuen Höhepunkt. Die Sozialistische Partei zögerte nicht, auf die Glut zu blasen, in der Hoffnung, die rechte Regierung zu stürzen und so die Wiederwahl Mitterrands und die Rückkehr seiner Netzwerke an die Macht zu sichern.

Rückgriff auf Erzbischof Capucci – Vermittlung und staatliche Doppelzüngigkeit
Angesichts einer explosiven Sicherheitslage und aus Angst, dass dies seine Chancen bei den Präsidentschaftswahlen 1988 zunichtemachen würde, beschlossen Jacques Chirac und sein politisches Umfeld auf der Grundlage von Geheimdienstberichten, dass eine Lösung gesucht werden musste… im Ausland. Genauer gesagt, bezeichneten sie einen “offiziellen Feind” Frankreichs – Syrien – als den einzigen, der in der Lage sei, die in den Sicherheitsberichten erwähnten Organisationen in die Schranken zu weisen.
Doch zu dieser Zeit befanden sich die französisch-syrischen Beziehungen auf dem Tiefpunkt seit den Unabhängigkeitskämpfen der 1940er Jahre. Es war daher notwendig, einen Vermittler zu finden, der von allen respektiert wird und in der Lage ist, mit Syrien zu sprechen und gleichzeitig eine gewisse Nähe zum Westen zu wahren. Die Wahl fiel auf Msgr. Hilarion Capucci, ehemaliger Erzbischof von Jerusalem, im Exil in Rom, bekannt für sein Engagement für die palästinensische Sache, respektiert in Teheran, Damaskus und im Maghreb, und bereits dafür anerkannt, eine erfolgreiche Vermittlung zwischen Teheran und Washington um die amerikanischen Geiseln geführt zu haben, indem er die Leichen der Soldaten, die während der gescheiterten Tabas-Operation getötet wurden, persönlich dem Roten Kreuz in Genf übergab.
Eines Abends klingelte das Telefon in der bescheidenen römischen Wohnung des Bischofs Capucci. Am anderen Ende der Leitung:
“Ich bin Robert Pandraud, Sicherheitsminister der Französischen Republik.”
Nach einigen höflichen Bemerkungen kam der Minister zum Kern der Sache:
“Die Anschläge von Paris, die Morde, Georges Ibrahim Abdallah, die Gefahr neuer Blutbäder… Die Republik zählt auf Sie, um Leben zu retten.”
Der Erzbischof, seinen Prinzipien treu, nahm die Vermittlung an. Er rief sofort zwei seiner engen Mitarbeiter (einschließlich des Autors dieses Textes) an:
“Morgen um 13 Uhr lande ich auf dem Flughafen Charles de Gaulle. Seien Sie da! Details morgen.”
Am nächsten Tag ging Erzbischof Capucci am Flughafen nicht mit den Passagieren hinaus. Nach langem Warten näherte sich ein Sicherheitsmann:
»Sie warten, Monseigneur, nicht wahr? Er ist bereits in Paris. Er wird Sie anrufen.”
Gegen 20 Uhr kam der Anruf. Erzbischof Capucci war diskret in eine Privatresidenz gebracht worden. Er lehnte das Angebot ab, in der Ehrenresidenz zu wohnen, und zog es vor, in bescheidenen Unterkünften zu wohnen. Dann erklärte er:
— “Wir sind ein Team von drei Personen. Und morgen werde ich die Minister Charles Pasqua und Robert Pandraud bitten, mir zu erlauben, Georges Ibrahim Abdallah im Gefängnis zu besuchen, was eine Voraussetzung für jede ernsthafte Vermittlung zwischen Paris und Damaskus ist. Nach dem, was ich mit den Amerikanern durchgemacht habe, vertraue ich mündlichen Versprechungen nicht mehr.”
Am nächsten Tag entschuldigte sich Minister Pandraud in großer Verlegenheit für Pasquas Abwesenheit, der angeblich von “Staatsgeschäften” aufgehalten worden war. Er geißelte die sozialistische Opposition heftig und beschuldigte sie, ihre Wahlinteressen zum Nachteil der nationalen Sicherheit in den Vordergrund zu stellen. Er betonte den vertraulichen Charakter des Besuchs und die Notwendigkeit absoluter Geheimhaltung, um ein Scheitern der Mission zu vermeiden.
Aber Pasqua fiel wieder durch seine Abwesenheit auf. In Wirklichkeit hatte Pasqua den Franzosen öffentlich versprochen, niemals mit Terroristen zu verhandeln, weder direkt noch indirekt. Er befürchtete, dass die Enthüllung dieser Vermittlung die Glaubwürdigkeit der Regierung zerstören und seine persönlichen Ambitionen sabotieren würde.
Die Nachricht über die Anwesenheit von Erzbischof Capucci in Paris sickerte jedoch an die Medien durch, die der zionistischen Lobby nahe stehen, was innerhalb des Chirac-Teams Panik auslöste. Die sozialistische Linke, angeführt von Mitterrand, nutzte die Gelegenheit, um die Regierung zu beschuldigen, “heimlich mit den Terroristen zu verhandeln, die für das vergossene französische Blut verantwortlich sind”, und ging sogar so weit, Capucci als “terroristischen Bischof” zu bezeichnen. Die Angriffe wurden heftig, ab dem zweiten Tag regnete es Beleidigungen.
Angesichts dieses Drucks gab Minister Pandraud nach und akzeptierte die Bedingung des Prälaten: einen Besuch bei Georges Ibrahim Abdallah im Santé-Gefängnis, nur wenige hundert Meter von Capuccis bescheidener Wohnung entfernt in der Rue Arago im 14. Arrondissement von Paris.
Die Begegnung im Gefängnis Santé – Capucci und Vergès im Bann von Georges

An diesem Tag wurde Erzbischof Capucci per Protokoll in das Gefängnis Santé in einem Wohnviertel von Paris begleitet. Es kam zu einem “versehentlichen” Zwischenfall: Die Dienstwagen hielten mit blinkenden Lichtern direkt vor den Büros der Agentur Gamma, einer der wichtigsten Foto- und TV-Agenturen der Welt. Die Journalisten sahen mit eigenen Augen, wie Bischof Capucci in den Wagen stieg.
Ein “Fehler”, der kein Fehler war. Die Zionisten, die in die Pasqua-Pandraud-Kabinette eingedrungen waren, hatten diese Sicherheitslücke absichtlich inszeniert und damit Öl ins Feuer der Medien gegossen. Die Kontroverse explodierte: Die Rechte war dabei, einen Pakt mit extremistischen Gruppen zu schließen, trotz ihrer Versprechungen.
Trotzdem fand das Treffen zwischen Georges Ibrahim Abdallah und Bischof Capucci statt. Zwei Kämpfer für die gleiche Sache: Palästina.
Bevor sie sich sahen, tauschten sie einige schriftliche Worte aus und sprachen dann von Angesicht zu Angesicht mit leiser Stimme, wegen zweier Risiken:
1. Das Vorhandensein von hochentwickelten Abhörgeräten.
2. Kameras, die in der Lage sind, von den Lippen abzulesen – ein Vorgang, den Erzbischof Capucci während des Treffens zwischen Papst Johannes Paul II. und Mehmet Ali Ağca im römischen Gefängnis von Rebibbia gehört hatte.
Am Ausgang war Bischof Capucci verärgert. Er erzählte seinen Nahestehenden:
“Georges ist unschuldig. Unschuldig. Unschuldig. Er ist eine der außergewöhnlichsten Persönlichkeiten, die ich je getroffen habe. Er hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf mich.”
Auf der Regierungsseite erkannte das Duo Chirac-Pasqua, dass sie den Boden unter den Füßen verloren. Die Situation geriet außer Kontrolle, und die politische Manipulation ging nach hinten gegen sie los.
Die hellsichtigen Beobachter jener Zeit erkannten damals die ganze Niederträchtigkeit der westlichen politischen Klasse, die bereit war, das Gesetz, die Grundrechte und die moralischen Prinzipien im Namen parteilicher oder finanzieller Interessen mit Füßen zu treten. Keine Skrupel. Keine Loyalität. Sogar die strategischen Interessen der Nation könnten auf dem Altar persönlicher Ambitionen geopfert werden.

Kaskadenartiger Verrat – Französische Doppelzüngigkeit enthüllt
Eine aufschlussreiche Tatsache: Roland Dumas, ehemaliger Außenminister und persönlicher Freund von Erzbischof Capucci – er hatte sogar während seines Prozesses in Israel an seiner Verteidigung teilgenommen – weigerte sich, die Vermittlung zu unterstützen. Warum? Weil er die Wiederwahl von François Mitterrand sicherstellen wollte, damit er selbst wieder Minister werden konnte. Er verrät damit sowohl seinen Freund Capucci als auch seine eigenen Prinzipien.
Maître Jacques Vergès, einer der berühmtesten Strafverteidiger des 20. Jahrhunderts, erklärte sich bereit, Georges Ibrahim Abdallah zu verteidigen. Auch er war von Letzterem stark beeindruckt. Er sagte einmal zu Capucci und dem Verfasser dieses Textes:
“Wir haben es nicht mit Institutionen oder Regierungen zu tun. Sie sind Mafia. Und die Opposition des Präsidenten (der Sozialistischen Partei) ist bereit, Ströme von Blut zu vergießen, wenn sie ihren Interessen dient.”
Eine andere Episode bestätigt es: Yves Bonnet, ehemaliger Direktor des DST (Inlandsgeheimdienst), sagte dem Journalisten Bassam Kantar, dass er mit dem Chef des algerischen Geheimdienstes, Lakhal Ayat, eine Vereinbarung getroffen habe, um die Freilassung von Georges Ibrahim Abdallah zu erreichen. Doch als er nach Frankreich zurückkehrte, wurde er von seinen Vorgesetzten brutal desavouiert:
»Nein. Der Vertrag ist nichtig. Vergiss ihn.”
All das zeigt, wie sehr der Fall Georges Abdallah ein Lehrbuchfall von Ungerechtigkeit und staatlicher Manipulation ist. Diejenigen, die seinen Weg kreuzten, liebten, bewunderten und respektierten ihn.
Und doch übt das US-Außenministerium seit mehr als 25 Jahren systematisch Druck auf die französische Justiz aus, um seine Freilassung zu verhindern, und tritt damit einmal mehr die Gewaltenteilung im “Heimatland der Menschenrechte und der Aufklärung” mit Füßen.
Georges Ibrahim Abdallah zahlt immer noch den Preis für seine Würde und sein Engagement für Palästina. Er hält die Sache durch den Adel seiner Stellung am Leben, und er ist zu Lebzeiten ein Märtyrer.
Der französische Gesandte für Hafez al-Assad – organisierte Sabotage
Zu diesem Zeitpunkt handelten die französischen Führer so, als ob ihnen das nationale Interesse egal wäre.
Zuerst versuchten sie, Erzbischof Capucci davon zu überzeugen, nach Damaskus zu gehen, um Präsident Hafiz al-Assad zu bitten, zu intervenieren, um “die extremistischen Organisationen” einzudämmen, die mit Palästina verbunden sind. Aber der Erzbischof weigerte sich kategorisch und erklärte dem Minister Pandraud:
“Welche Garantien habe ich, dass Sie Ihre Verpflichtungen gegenüber Assad einhalten werden, wenn er sich jemals an Sie wendet? Ich habe gelernt, mündlichen Versprechungen nicht mehr zu trauen. Die Amerikaner haben mir während der Geiselkrise in Teheran alles Mögliche geschworen, im Austausch für eine Vermittlung mit Imam Khomeini. Und doch haben sie gelogen und verraten. Auch nachdem die Iraner guten Willen bewiesen hatten, indem sie mir die sterblichen Überreste der Soldaten übergeben hatten, die bei der Operation Tabas gefallen waren. Es liegt an euch, Franzosen, nach Damaskus zu gehen. Und hören Sie auf, ihn öffentlich zu beleidigen, wenn Sie versuchen, im Geheimen zu verhandeln.”
Capucci stellte eine feste Bedingung:
“Ihr Abgesandter muss ein hochrangiger, angesehener und einflussreicher Minister sein.”
Doch unsichtbare Kräfte, die hinter den Kulissen agierten, schlugen vor, einen Sondergesandten zu ernennen… Michel Aurillac, Minister für Zusammenarbeit. Ein Manöver, das eindeutig darauf abzielte, die Mission zum Scheitern zu bringen. Denn in Syrien hätte man sofort verstanden, dass ein Minister der französischen Überseekolonien kein Gewicht hatte. Assads Reaktion wäre explosiv gewesen. Und die diplomatische Initiative sabotiert.
Vergès: “Wir stehen vor einem Mafia-System”
Bei einem vertraulichen Abendessen, an dem Erzbischof Capucci, Jacques Vergès, Sarkis Abou Zeid und der Verfasser dieses Textes teilnahmen, äußerte Vergès diesen erschreckenden Satz:
“Die Zionisten sind in allen Bereichen des französischen Staates präsent.
Wir haben es mit Banden zu tun, nicht mit Staaten. Die präsidiale Opposition ist bereit, die Straßen von Paris in Strömen von Blut zu sprengen, wenn es ihren schäbigen Zwecken dient.”
Und die Ereignisse sollten ihm Recht geben.
Zwischenfazit

Die Georges Ibrahim Abdallah-Akte geht weit über den Rahmen eines vergessenen politischen Gefangenen hinaus. Sie ist zu einer Staatsaffäre geworden, zu einem moralischen Fehler, zu einem Spiegel, der der französischen Republik in ihrer schändlichsten Form vorgehalten wird.
Seit mehr als 40 Jahren hält der französische Staat unter dem direkten Druck der Vereinigten Staaten und der zionistischen Lobby einen unschuldigen Mann hinter Gittern. Nicht für das, was er getan hat. Sondern für das, was er verkörpert.
Am 17. Juli 2025 genehmigte das Pariser Berufungsgericht seine Freilassung mit sofortiger Abschiebung in den Libanon. Die Staatsanwaltschaft legte sofort Berufung ein, konnte aber seine Freilassung und Abschiebung nicht verhindern.
